Es fühlt sich anders an. Nicht wie bei Abi und Diplom, wo man erwartete, dass irgendetwas magisches passiert in diesem einen Moment, in dem man erfährt, dass man es geschafft hat und ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Vielleicht, weil ich die Erwartungen diesmal runtergeschraubt hatte. Wir würden zum Standesamt gehen, wir würden die Ehe schließen und dann wäre unsere Beziehung auch vor dem Gesetz offiziell und wir wären endlich eine kleine Familie. Gut, dazu würden wir feine Sachen tragen, ich ein Prinzessinnenkleid und er einen feinen Anzug. Aber im Großen und Ganzen würde sich doch nichts ändern. Wir wären noch immer wir und unsere Beziehung dieselbe wie vorher auch.
Aber es kam anders. Schon während der Frisierens standen mir die Tränen in den Augen und als mein Papa mir dann am Standesamt aus dem Auto half, da war es endgültig vorbei mit der Tapferkeit. Noch bevor mein Zukünftiger mich sah, hatte ich feuchte Augen und war am Ende so nervös, dass mir die Zähne wehtaten. Der Tiger machte sich dann auch einen kleinen Spaß daraus, mir immer wieder Luft zuzufächeln, wenn’s wieder mal soweit war. Dabei war er ja nicht ganz unschuldig an meiner Aufregung. Schließlich wollte er doch nichts rüschiges, bauschiges und ich hatte mich dann doch dafür entschieden. Da war ein wenig Angst – ob es ihm wohl gefällt? Und was, wenn nicht? „Nimmst du mich so?„, hauchte ich ihm entgegen und er grinste nur und gab mir einen Kuss.
Während der (Standard-)Rede der Standesbeamtin kullerten dann die Freudentränen. Wenigstens konnte ich so das gute Spitzentaschentuch nutzen, das ich extra in meinen Brautbeutel getan hatte. Und die Beamtin sponsorte auch noch ein paar Tempos – die saugen einfach besser auf.
Nach der Trauung musste der Tiger uns dann erstmal freikaufen. Zum Glück hatte man ihm vorher einen Tipp gegeben, sonst hätte er gar kein Kleingeld dabeigehabt. Die Kinder hat’s jedenfalls gefreut. Und ich hätt’s ja toll gefunden, wenn man uns erst mit Reis beworfen und danach den Sekt gereicht hätte. Mit vollen Händen – Sektglas in der einen, Brautstrauß in der anderen – kann man so schlecht verhindern, dass Reis im Getränk landet. Den fand ich übrigens noch am Abend in meinen Haaren …
Fortsetzung folgt …