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08.05.2020- So wilde Freude nimmt ein wildes Ende (*)

“Alles schien schon gut zu werden. Die Menschen hielten Abstand, alle blieben zuhause oder trafen sich zumindest nicht in großen Gruppen oder an belebten Plätzen. Selbst an die Masken hätten sie sich noch gewöhnt, wenn auch nur bei geschäftlichen Erledigungen, bloß nicht im Freien, das war doch übertrieben. Und zum Friseur musste man ganz dringend mal wieder. Die Spitzen schneiden, Du weißt schon. Und zur Maniküre natürlich auch. Die Wellnesstempel waren doch viel zu lange zu. Und gemeinsam essen gehen, beim Griechen oder Italiener um die Ecke, das war doch notwendig, für’s Seelenheil. Überhaupt, diese Masken und das Abstandhalten, das war doch alles so unbequem, gegen die menschliche Natur. Und die Politiker hatten doch zugestimmt. Öffnungen und Lockerungen versprochen. Selbst die Kindergärten und Schulen waren wieder geöffnet. Zwar nur ein paar Stunden pro Tag und Woche, aber offen ist doch offen?! Der Virus war doch jetzt weg, hätte man denken können. Aber dann …”

Ob wir irgendwann so über das sprechen, was gerade passiert? Ich war in diesem Draussen unter Menschen, nachdem ich seit dem 13. März abgesehen von Spaziergängen im ohnehin leeren Dorf nur sporadisch dort war. Zum Krankenhaus, auf dem Weg zurück im Supermarkt, zweimal zum Arzt. Und es lässt mich ratlos und grübelnd zurück. Ich weiß nicht, ob das, was jetzt beschlossen wurde, richtig ist oder falsch. Ich kann nur hoffen, dass es sich nicht als Fehler herausstellt, was ich befürchte. Gleichzeitig ist mir vollkommen klar, dass es nicht ewig so weitergehen kann. Wir können uns nicht vollkommen lahmlegen, nicht über Monate oder gar Jahre. Was, wenn es keinen Impfstoff gibt? Was machen wir dann? Wir müssen einen Mittelweg finden zwischen einer übermobilen Gesellschaft, die von Party zu Party springt, und einer furchtsam zurückgezogenen, die sich abschottet. Bis dahin haben wir aber noch viel zu lernen. Manchmal wahrscheinlich durch Schmerz.

(*) Shakespeare, Romeo und Julia

06. und 07.05.2020 – Zufallsfunde

Das neue Bett steht im Kinderzimmer, das alte wartet in der Schlafzimmerecke auf seinen Einsatz. Nur noch meinen Nachttisch gegen den zum Bett passenden, höheren Tauschen und dann hat das Möbelrücken erstmal ein Ende.

Das Penicillin erledigt ebenfalls seinen Job, beim Zufallsbefund “erhöhte Leber- und Cholesterinwerte” ist erstmal Abwarten angesagt. An zu viel Alkohol wird’s wohl eher nicht liegen, die Hebamme und ich verdächtigen erstmal die aktuelle Hormonumstellung etc. Da mein Hausarzt nicht weiter darauf eingegangen ist – außer halt, dass die Werte erhöht sind – scheint es ja auch nicht sonderlich dramatisch zu sein. Mehr auf Gewicht und ausreichend Bewegung zu achten, wird trotzdem nicht schaden. So ist das mit Arztbesuchen. Man findet immer das, was man gar nicht gesucht hat.

04. und 05.05.2020 – reicht jetzt, danke.

Weil Pandemie, Autonomiephasenkind und Neugeborenes noch nicht reichen, gibt es jetzt auch noch einen Divertikulitisschub obendrauf. 10 Jahre war mehr oder weniger Ruhe, seit Sonntag meldet sich der Pseudoblinddarm wieder zu Wort. Hätte ich durchaus drauf verzichten können.

Das Babygefängnis habe wir aus Sicherheitsgründen gestern abgebaut, was das Verhältnis der beiden Jungs nicht entspannt hat. Jetzt lernt Knirpsi, dass er sich ins Kinderzimmer zurückziehen kann, wenn er wirklich mal in Ruhe spielen möchte. Morgen wird dann auch das Gitterbett gegen eine Variante mit herausnehmbaren Stäben getauscht, das bisher in der Krippe stand.

03.04.2020 – Hürden abbauen

Das Bärchen hat heute gelernt, wie es über die Absperrung im Wintergarten klettern kann. Byebye Babygefängnis. Das wird noch einiges an Unruhe bringen, aber eine Platzwunde bei gescheiterter Gitterbezwingung wohl noch mehr. Ein paar weniger Neuerungen hätten es aber wirklich getan. Immerhin stellen geschlossene Türen qua mangelnder Körpergröße noch ein Hindernis dar – sofern der große Bruder sie nicht öffnet.

02.05.2020 – 4 Wochen

Gestern vor genau vier Wochen erledigte ich letzte Arbeitsdinge (wenn auch nicht alle). Die ganze Woche schon hatte ich eindringlich erklärt, dass es jetzt noch nicht losgehen könne. Aber jetzt war – vom Chef verordnet – ja Schluss, ne? Da konnte es doch losgehen? Abends auf der Couch, kurz vorm Zubettgehen, ein kurzes Plopp verbunden mit reichlich Flüssigkeit und einem mittellauten “Oh shit” meinerseits. Die Kliniktasche nicht gepackt, die Betreuung der beiden Großen nur grob abgesprochen und überhaupt ist der errechnete Termin doch erst in zwei Wochen. Der Tiger ruft die Nachbarin an, die glücklicherweise keine Nachtschicht hat und erst Samstagmittag wieder los muss. Ich werfe schnell mein Zeug zusammen (Klamotten, Waschtasche, Ladegeräte, als Verpflegung ein paar Müsliriegel, Nüsse und einen Beutel Weihnachtsschokolade außerdem die Unterlagen). Die Sachen für das Baby habe ich schon vor ein paar Tagen gepackt. Zwischendurch die Vorlage, dieses riesige Wattemonster, wechseln, der Kopf sitzt noch nicht tief genug, das wird später auch noch mal bestätigt werden, ich beruhige mich aber damit, dass er laut der letzten Untersuchung tief genug sitzen sollte, um einen Nabelschnurvorfall zu verhindern. Ich vergesse mein Stillkissen, denke aber immerhin an Handtücher und einen Waschlappen. So eine Wochenbettstation ist kein Hotel.

Etwa 45 Minuten nachdem es losging, sitzen wir im Auto und sind unterwegs nach Flensburg. Die Wehen haben mittlerweile auch eingesetzt, sind aber noch unregelmäßig. Ich rufe im Kreißsaal an, um uns anzukündigen. Die Hebamme erklärt noch einmal, dass wegen der grassierenden Seuche alles etwas anders läuft. Zugang nur über die zentrale Notaufnahme, der Tiger muss warten, während ich aufgenommen werde und darf dann dazukommen. Wir informieren noch meine Schwiegermutter und bitten sie, morgens die Kinder zu übernehmen, dann sind wir auch fast schon da. Wir entscheiden uns für einen Namen. Nachmittags hatten wir endlich zwei mögliche Varianten ins Auge gefasst.

Am Krankenhaus wirkt alles etwa surreal. Der Zugang wird über Absperrungen kanalisiert, am Eingang dazu steht ein Wachmann, der unser Eintreffen per Funk weitergibt, uns aber nicht weiter behelligt. Mein Zustand ist eindeutig, dazu benötigt man nicht mal medizinische Vorkenntnisse. In der Notaufnahme müssen wir beide ein Formular ausfüllen, das Fragen zu Besuch von Risikogebieten oder Kontakt zu Verseuchten enthält. Erst danach werde ich auf die Entbindungsstation gebracht – wegen des vorzeitigen Blasensprungs stilecht im Rollstuhl – der Tiger muss warten. Ich werde vorerst im ungemütlichsten Raum, einem innenliegenden Kabuff ohne Fenster, dafür aber mit Badewanne, untergebracht und befürchte schon, dass wir dort die ganze Zeit bleiben müssen. Ist aber nur Übergangsweise bis alles weitere geklärt ist und um das erste CTG zu schreiben. Der Tiger wird dazugeholt und trägt jetzt eine Maske – die wird in den kommenden Stunden nicht getauscht. Bei uns beiden wird noch Fieber gemessen, dann geht es ins Untersuchungszimmer. Die Ärztin (maskiert) begrüßt uns und erinnert sich direkt an die Geburt des Septembärchens. Wir haben wohl Eindruck hinterlassen. “Wir kennen uns doch!”

Eine Hebamme (maskiert) stellt sich vor und begleitet uns ins Wehenzimmer. Ich darf und soll mich bewegen, das Kind muss noch tiefer rutschen, Druck auf den Muttermund ausüben. Die Wehen sind unregelmäßig. Die Hebamme gibt mir Globuli. Immerhin Zucker. Ich tigere auf und ab, verliere immer noch etwas Fruchtwasser. Aber es wird weniger. Wieder CTG. Alles in Ordnung. Die Hebamme bietet mir ein Wannenbad an, das ich gerne annehmen. Ich Ahnungslose! Als beim Bärchen der Blasensprung kam, war ich noch schnell duschen. Diesmal nicht. Die Aussicht auf ein Bad ist wirklich verlockend. Der Badezusatz riecht wunderbar nach Melisse (marrokanisch? ägyptisch?) und mir wird wohlig warm. Ich könnte ewig so liegen und entspanne mich. Bis die Wehen kommen. Heftiger und schmerzhafter und regelmäßiger als vorher. Wie schon beim Bärchen habe ich das Gefühl, am Schambein in zwei Teile zu zerbrechen. Immerhin bekomme ich diesmal direkt ein Schmerzmittel über den Zugang. Die Nacht wird so halbwegs erträglich, dann, es ist gerade Übergabezeit, werden sie schlagartig unaushaltbar. Ich weine und schreie und bettle um eine PDA.

Die neue Hebamme wirkt genervt. Ich kann mich nicht einmal erinnern, dass sie sich vorgestellt hätte. Muttermund weiterhin 2-3 cm. Die Anästhesistin kommt und legt die PDA. Ich entschuldige mich weinend, dass ich sehr schmerzempfindlich wäre und es mir leid täte, dass ich so schwierig wäre. Die schwierige, weinende Gebärende. Der Schmerz ebbt etwas ab, aber am Schambein – ich lerne später, dass es wohl die Symphyse ist, die mich so quält – hört es nicht auf. Ich bekomme Schmerzmittel nachgespritzt aber es ist wirkt immer nur kurz. Ich schreie bis zur Heiserkeit, habe Todesangst. Will nicht mehr, kann nicht mehr. Die Hebamme wirkt immer noch genervt. Vielleicht ist es die Maske, die sie tragen muss. Vielleicht die größere Distanz. Eine Ärztin untersucht. Ein Anästhesist soll kommen, kann aber nicht direkt, weil eine OP läuft. Ich weine und schreie und bin ein nasser Haufen Elend auf einem Kreißsaalbett. (Beim Schreiben weine ich schon wieder.) Irgendwann zwischendurch wurde Blut am Köpfchen abgenommen. Alles okay. Ich wittere eine Verschwörung, die wollen mich doch hinhalten, damit nicht noch einmal gespritzt werden kann! Endlich kommt der Anästhesist und sieht das Problem. Einstichstelle zu tief am Rücken. Drei Stunden sind seit dem ersten Legen vergangen. Drei Stunden mit unerträglichen Schmerzen. Er verifiziert noch einmal, besprüht mich mit kaltem Wasser. Muttermund? Komplett eröffnet. Keine PDA mehr, aber auch keine Kraft, das, was da noch kommen wird, aktiv durchzustehen. Ich bettele um Hilfe. Bitte. Bitte. Die PDA wird gezogen, eine Spinalanästhesie gelegt. Ganz leicht nur, erklärt der Anästhesist der Hebamme. Keine Auswirkung auf das Kind. Die Hebamme wirkt milder, als hätte sie jetzt verstanden, dass ich mich nicht anstelle. Das Opiat wirkt. Ich kann mich ausruhen, etwas dämmern. Etwa zwei Stunden soll die Wirkung anhalten und so ist auch. Langsam spüre ich die ersten Presswehen. Aushaltbar, wie weit weit weg. Ein Wehentropf wird gelegt, um zu unterstützen und funktioniert tadellos. Eine halbe Stunde bis zur Wirkung, dann geht es los. Ich frage, ob ich mitarbeiten darf, mich bewegen, hinknien. Ich darf und die Hebamme ist begeistert, als sie nach kurzer Abstimmung zurückkommt und ich schon auf Knien vor mich hinwehe. Dann geht es schnell. Ob ich das Köpfchen berühren möchte? Na sicher nicht! Das Kind soll raus, muss raus, bevor es mich zerreißt. Dann wieder ein lautes Platschen, Erlösung, ein Schrei. Und noch einer.

Sie ist da. Ophelia ist da.

01.05.2020 – Alles neu

Morgen wird das kleine Mädchen schon vier Wochen bei uns sein. Vier Wochen zu fünft. Vier Wochen, um sich aufeinander einzustellen und sich kennenzulernen. Langsam ist es an der Zeit, wieder Normalität einkehren zu lassen, auch wenn das aktuell eine etwas andere ist als geplant oder gewünscht. Grund genug, ein paar Rahmenpunkte zu setzen, an denen man sich entlanghangeln kann. Punkte am Horizont, auf die man zuhält, um nicht vom Kurs abzukommen. Wichtiger denn je und da ich davon ausgehe, dass wir noch eine ganze Weile mit der Seuche und den daraus resultierenden Einschränkungen werden leben müssen, kann das Ziel nur sein, es sich so angenehm und einfach wie möglich zu machen. Wir werden uns in diesem Monat also Routinen schaffen, die es uns entlasten und für weniger Reibereien sorgen und auch unser Umfeld entsprechen gestalten.

Konkret heißt das:

  • einen funktionierenden Tagesablauf mit möglichst festen Zeiten aufrechterhalten
  • mehr Zeit und Bewegung an der frischen Luft einplanen
  • Zeit und Freiraum für uns Erwachsene schaffen und auch sinnvoll nutzen
  • den Garten weiter herrichten
  • Ordnung in den meistgenutzten Räumen schaffen, um auch das äußere Chaos zu reduzieren

Ich freue mich. Zeig was Du kannst, lieber Mai.