Ich arbeite als Frau in einem stark von Männern dominierten Bereich. In meinem Studiengang waren Frauen eindeutig in der Minderheit. Als Wahlpflichtfächer hatte ich mit Mathe und Informatik auch nicht unbedingt die Fächer gewählt, die einen starken Mädchenanteil hatten. Beispiele für unterschwelligen Sexismus kann ich für alle drei Phasen benennen. Aber nie trat er so offensichtlich und geballt auf wie bei unserem aktuellen Unterfangen, ein Haus zu kaufen. Dieser Hauskauf bietet so viele Beispiele von Alltagssexismus, dass ich manchmal Schnappatmung bekomme. Anscheinend sind es Makler und Bankberater es nicht gewohnt, dass Paare gleichberechtigt Wohneigentum erwerben. Weniger gefestigte und sich ihrer Fähigkeiten bewusste Persönlichkeiten könnte das glatt aus der Bahn werfen.
Da war der Makler, der sich bevorzugt mit den männlichen Anwesenden unterhielt. Meine Mutter und mich verwies er an die Dame des Hauses. Wir könnten uns ja schon mal die Küche und den Hauswirtschaftsraum anschauen. Letzteren beschrieb er anschließend an mich gewandt auch als „ihr zukünftiges Reich„. Beim abschließenden Gespräch über das weitere Vorgehen habe ich mich dann extra ihm gegenüber hingesetzt. Und obwohl im Wesentlichen ich das Gespräch mit ihm bestritt, wandte er sich fast durchgängig meinem Mann zu, der neben mir saß. Ich sprach zu seiner Schulter.
Da war der Bankberater, der den Tiger fragte, ob so ein Beraterleben mit viel Reisetätigkeit denn nicht anstrengend sei. Mehrmalige Hinweise, dass er da unsere Arbeitgeber miteinander verwechselt, blieben ungehört. Am Ende des Gespräches wollte er uns dann noch ein Gemeinschaftskonto andrehen, es wären auch zwei EC-Karten dabei. Ach, wirklich?
Da war der Schwiegermutter-Bekannte aus dem Bankwesen, der mit mir Kalkulation und Vertrag durchdiskutierte. Das lief soweit gut und auch wenn wir nicht den Empfehlungen des „Profis„ gefolgt sind, haben wir doch noch mal viel dazugelernt und fühlten uns beide ernstgenommen. Bis der Bekannte den Tiger, der bis dahin im Hintergrund geblieben war, fragte, ob er seine Visitenkarte haben möchte. Falls noch Fragen aufkommen. Perplex sah der erst zu mir und sagte dann, dass „wir„ das sehr gerne annehmen würden und die Karte bei mir doch besser und sinnvoller aufgehoben sei.
Für sich genommen mögen das Kleinigkeiten sein. Trotzdem stellt sich mir doch die Frage, in welcher Zeit wir eigentlich leben. Der Tiger und ich führen eine gleichberechtigte Beziehung. Tätigkeiten werden nach Begabung und Zeit verteilt. Wer’s am Besten kann und auch noch Zeit dafür hat, macht’s. So beseitigt er regelmäßig das Chaos, das ich in der Küche hinterlasse und ich kümmere mich meist um vertragliche und finanzielle Angelegenheiten. Behörden-, Versicherungs- und andere Verwaltungsgänge absolvieren wir wenn möglich gemeinsam. Viele der Akteure im Immobiliensektor scheinen das eher exotisch zu finden. Ist es wirklich so ungewöhnlich, dass man solche Entscheidungen gemeinsam fällt? Derart selten, dass Frauen sich mit den finanziellen Aspekten einer so weitreichenden Entscheidung beschäftigen wollen und können und es sich auch zutrauen?
Oder lassen sich andere vom Imponiergehabe abschrecken?
Die geschilderten Beispiele sind ja nur die sichtbare Spitze des Eisbergs. Es gibt so viele andere Dinge, die sich schwer benennen lassen, aber unterschwellig das Gefühl verstärken, dass man nicht so recht akzeptiert und vorallem respektiert wird. Non-verbale Ablehnung wie das geschilderte Wegdrehen. Die an sich harmlose Frage, wer denn ins Grundbuch eingetragen werden soll und das kurzangebundene „Achso„ als Reaktion auf unsere Antwort „Wir beide.„ Die technischen Aspekte, die man mir möglichst einfach zu erklären versucht. Die Rückfragen, ob ich das denn mit meinem Mann besprochen hätte. Ob die auch gekommen wäre, hätten wir es andersherum organisiert? Immerhin wurde ich nicht mit „Sehr geehrte Frau Tiger„ angeschrieben. Aber das kann ja noch kommen …
PS: Mich würde interessieren, ob es anderen Frauen auch so geht. Im näheren Umfeld waren es bis auf wenige Ausnahmen tatsächlich, die Männer, die federführend agierten. Liegen die Reaktionen am Ende tatsächlich daran, dass das in diesem Bereich so üblich ist?