Werte Frau F.,
ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie mir die Lust am Schwimmen nicht austreiben konnten, obwohl Sie es wirklich versucht haben. Es war ein schlauer Schachzug, mich diese verdammte Langstrecke noch ein zweites Mal schwimmen zu lassen. Das habe ich bis heute nicht vergessen. Natürlich wussten Sie von Anfang an, dass ich die vorgeschriebene Zeit nie erreichen und auf meiner 6 sitzen bleiben würde. Und natürlich hatten Sie auch nie die Absicht, mich wenigstens für die Anstrengung zu belohnen. Im Gegensatz zu einigen meiner Mitschülern habe ich es wenigstens versucht und bin die komplette Strecke geschwommen. Zwei Mal! Aber Ihnen war das ja egal.
Ich glaube, Sie hatten auch nie die Absicht, uns Spaß am Sport oder gar eine ordentliche Schwimmtechnik beizubringen. Nie nahmen Sie sich die Zeit, unsere Technik mal zu begutachten und uns Fehler zu erklären. Stattdessen mussten wir immer nur stupide umherschwimmen, was umso anstrengender ist, je schlechter die Technik ist. Keine guten Voraussetzungen, nicht wahr?
Und trotzdem habe ich jetzt, Jahre später, einen Schwimmkurs belegt. Und soll ich Ihnen mal etwas sagen? Es macht mir Spaß. Ich habe zwar Muskelkater an Stellen, von denen ich dachte, dass man da gar keinen bekommen könnte, aber ich fühle mich verdammt toll. Weil sich endlich mal jemand die Zeit nimmt und mir zeigt, wie man richtig schwimmt. Weil wir eine Stunde lang an unserer Beintechnik gearbeitet haben. Weil man mir gezeigt hat, dass ich gar nicht so schlecht bin und dass Schwimmen Spaß machen kann. Weil sich da jemand wirklich einbringt und uns die Liebe zu einer tollen Sportart vermitteln will.
Es ist nur schade, dass Lehrer wie Sie noch immer unterrichten und junge Menschen zur Verzweiflung bringen dürfen. Statt Spaß an der Bewegung steht Leistung im Vordergrund. Da muss man sich nicht wundern, dass Kinder sich nicht gern körperlich betätigen. Sicher nicht der alleinige Grund, aber einer von vielen.
Freundliche Grüße,
das dicke Kind
